Eine Historische Skizze von Alexander Dumas über die Lebensgeschichte von Karl Sand, der Mörder von Kotzebue.
Die wahre Geschichte dahinter:
Die Ermordung Kotzebues erwog Sand schon am 5. Mai 1818 in seinem Tagebuch. Er nannte ihn einen „Landesverräther“ und einen „Verführer der Jugend“, begriff ihn als Feind der Burschenschaft und ihres Ringens um Deutschlands Einigung und Freiheit. Nach dem formalen Austritt aus der Burschenschaft im Februar 1819 reiste Sand nach Mannheim. Er rastete auf der Wartburg, in deren Gästebuch er ein Zitat Theodor Körners schrieb, dessen Gedichte er stets bei sich trug: „Drück dir den Speer ins treue Herz hinein, | Der deutschen Freiheit eine Gasse!“
Am Vormittag des 23. März 1819 suchte Sand unter Verwendung eines kurländischen Aliasnamens („Heinrichs aus Mitau“) August von Kotzebue in dessen Mannheimer Wohnung, Quadrat A 2, 5, auf. Er wurde zunächst abgewiesen und gebeten, am Nachmittag wiederzukommen. Gegen fünf Uhr erschien Sand ein zweites Mal und wurde sogleich vorgelassen. Nachdem nur wenige Worte gewechselt worden waren, zog Sand den verborgenen Dolch und stieß ihn Kotzebue mit den Worten „Hier, du Verräther des Vaterlandes!“ mehrfach in die Brust. An den Folgen dieser Verletzungen starb Kotzebue nach wenigen Minuten. Der vierjährige Sohn Kotzebues wurde vom Kinderzimmer aus zufällig Zeuge des Mordes, was Sand aus der Fassung brachte. Statt zu fliehen, stieß er sich einen zweiten Dolch in die Brust, stürzte zur Haustür und übergab an der Tür einem Diener die mitgebrachte Schrift Todesstoß dem August von Kotzebue, zu der er sich auch in seinem Prozess bekannte. Auf der Straße angekommen, versetzte er sich einen weiteren Dolchstoß und verlor das Bewusstsein.
Sein Selbstmordversuch scheiterte jedoch, er wurde noch auf der Straße wiederbelebt und in das Krankenhaus gebracht, wo er sich bald so weit erholte, dass er vernommen werden konnte. Der zweite Dolchstoß hatte jedoch eine tiefe Verletzung der Lunge verursacht, und eine folgende Infektion verhinderte, dass die Wunde sich schloss. Unter anderem wohl deshalb genoss Sand während seiner über einjährigen Untersuchungshaft im Zuchthaus Mannheim zahlreiche Privilegien: Er musste keine Ketten tragen, hatte eine geräumige Zweifensterzelle, und den übrigen Gefangenen wurde sogar befohlen, ihre Ketten während des Hofgangs festzuhalten, damit deren Klirren nicht die Ruhe des Kranken störte. Dieser gab sich auch gegenüber den Aufsehern stets ausgesprochen höflich und machte keinerlei Schwierigkeiten. Seine Tat bereute er nicht. Kotzebue galt ihm als Verräter an der Idee des Sittlichen, Richtigen und Wahren, der den Tod verdient habe. Folglich erschien ihm selbst der politische Mord als eine sittliche und gerechtfertigte Tat. Er stellte sie auf eine Stufe mit historischen Tyrannenmorden. Deshalb verzichtete er auch auf ein Begnadigungsgesuch an den Großherzog. Das Hofgericht Mannheim verurteilte Sand am 5. Mai 1820 zum Tode durch das Schwert. Von seinen – vermutlichen – Helfern nannte er keinen, besonders deckte er den stark verdächtigten Follen.
Sand wurde nach seiner Hinrichtung auf dem Lutherischen Friedhof in Mannheim beigesetzt. Als dieser um 1865 aufgelassen werden sollte, überführte man seine Gebeine in ein von der Bürgerschaft gestiftetes Ehrengrab auf dem Hauptfriedhof.
Übersetzer: E. W., 1847
Editor: Hans-Jürgen Horn |