Eugène Sue, eigentlich Joseph-Marie Sue (* 10. Dezember 1804 in Paris; † 3. August 1857 in Annecy) war ein französischer Schriftsteller. Dieser heute kaum mehr bekannte Autor war in den 1840er Jahren einer der meistgelesenen und einflussreichsten Romanciers Frankreichs. Er ist in die Literaturgeschichte eingegangen als einer der Begründer des Fortsetzungsromans in Tageszeitungen und als Verfasser des vielleicht erfolgreichsten Feuilletonromans überhaupt, Les mystères de Paris (dt. Die Geheimnisse von Paris).
Die Handlung der ursprünglich als Fortsetzungsroman im Feuilleton erschienen Geschichte ist wegen ihrer Komplexität kaum in Kürze wiederzugeben. Zu Veranschaulichung im Folgenden die Inhaltsangabe der Kapitel 1 bis 14. Der Roman ist in den meisten Ausgaben auf 65 Kapitel angelegt.
Die Erzählung spielt im Paris der Mitte des 19. Jahrhunderts: In einem Armenviertel treffen in der Kneipe „Zum weißen Kaninchen“ verschiedene Menschen aufeinander. Der „Messerstecher“ (ein Ganove), die „Sängerin“ (eine 16-jährige Waise), auch „Marienblume“ genannt, die „Eule“, die sie aufzog und misshandelte und der „Schulmeister“, ein aus dem Gefängnis entflohener Raubmörder und Verbündeter der Eule. Ein Unbekannter schützt die Sängerin vor dem Messerstecher. Er spricht mit seinesgleichen Englisch und nennt sich „Rodolphe“. Sein Verbündeter ist ein als „Kohlenträger“ Verkleideter namens Murph, der ihn warnt, dass „Sarah“ und „Tom“ ihm auf der Spur seien. Er flieht vor den beiden, die kurz darauf in der Kneipe nach ihm fragen und ebenfalls Englisch sprechen. Als Sarah und Tom die Kneipe verlassen, werden sie vom Schulmeister überfallen und ausgeraubt. Um ihr Leben zu retten, versprechen sie ihm noch mehr Geld zu geben, das bei einem Treffen auf einer Ebene vor Paris übergeben werden soll. Währenddessen bringt Rodolphe die Sängerin zu einer reichen Bäuerin aufs Land, die seine Amme war, um sie aus den Zwängen der Not zu befreien. Zurück in Paris will er dem Schulmeister eine Falle stellen, der ihn jedoch durchschaut und beinahe umbringt. Auch Rodolphes Gehilfe, der Kohlenträger, der in Wirklichkeit ein englischer Landadliger ist, wird dabei schwer verletzt. Ein schwarzer Arzt, David, pflegt die beiden und spricht Rodolphe als „Hoheit“ an. Inzwischen ist auch der Messerstecher ein Verbündeter Rodolphes geworden. Um sich bei ihm zu bedanken, schenkt ihm Rodolphe ein Landgut in Algerien, das gegen Araber zu verteidigen ist und so auch den kämpferischen Impulsen des Messerstechers entgegenkommt. Bei dem Kampf zwischen Rodolphe und dem Schulmeister gelingt es Rodolphes Leuten, Letzteren gefangen zu nehmen. Rodolphe will ihn jedoch nicht der Justiz ausliefern oder selber töten, sondern ihn schwächen und ihm Gelegenheit zur Reue geben. Er lässt ihm durch David das Augenlicht nehmen und setzt ihm eine kleine Rente aus, die er in einem Pflegeheim auf dem Land verbrauchen soll. Der Schulmeister schwört ihm Rache. Es stellt sich auch heraus, dass die Bäuerin die Frau des Schulmeisters war, der in seinem früheren Leben ein erfolgreicher Geschäftsmann gewesen war. Aufgrund seines schlechten Charakters verspielte er sein Vermögen und wurde zum Verbrecher. Mit der Bäuerin hat er einen gemeinsamen Sohn, den er entführt hatte und der ihm dann entlaufen ist, der aber in einem Schriftstück erwähnt wird und im Verlauf der späteren Handlung noch eine wichtige Rolle spielt. Der Leser erfährt jetzt auch, dass Rodolphe ein regierender deutscher Großherzog ist und Sarah und Tom ehemalige adlige Freunde sind, die auf Grund eines Vorfalles zu Gegnern wurden.
Im weiteren Verlauf der Kapitel 15 bis 65 wird deutlich, dass Rodolphe ein Verhältnis mit Sarah, einer englischen Herzogin hatte, aus dem ein uneheliches Kind hervorging, nämlich die Sängerin. Um es loszuwerden übergab Sarah dieses Kind dem Notar Ferrand, berühmt für seine Ehrenhaftigkeit, mit dem Auftrag, es in Pflege zu geben und versorgte es mit einer Lebensrente, die im Todesfall dem Pfleger zugute kommen sollte. Ferrand ließ das Kind über einen Strohmann für wenig Geld an die Eule verkauften und stellte für das Mädchen einen fingierten Totenschein aus. Die Lebensrente teilte er sich mit dem „Pfleger“. Ein junger Mann, Germain, der bei Ferrand arbeitete, stellt sich als der verlorene Sohn des Schulmeisters und der Bäuerin heraus. Nach vielen Umwegen wird die Sängerin als Kind des Großfürsten Rudolf von Gerolstein, vormals Rodolpe, legitimiert und zur Prinzessin. Sie verliebt sich in einen Herzog, kann aber ihre Vergangenheit als Pariser Straßenmädchen nicht vergessen und geht deshalb in ein Kloster. Dort avanciert sie zur Äbtissin, stirbt aber bald darauf. Der Schulmeister erschlägt die Eule, die seine Blindheit nutzt, ihn zu misshandeln und endet im Irrenhaus. Sein letzter Trost ist, dass ihm sein Sohn vergibt. In die Handlung hinein verwoben sind eine Reihe anderer Figuren, die entweder ihr Glück finden oder die Rache des Schicksals.
Die Wirkung der Geschichte beruht nicht nur auf den überraschenden Wendungen und häufigen Spannungsmomenten, sondern auch auf der atmosphärisch dichten Schilderung unterschiedlicher Milieus und der anschaulichen Darstellung verschiedener Charaktere.
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