„Geschichte eines Anno 1813 Konskribierten“ ist eine jener Erzählungen, in denen das elsässische Autoren-Duo Erckmann-Chatrian die großen Umwälzungen der napoleonischen Zeit durch die Augen der kleinen Leute sichtbar macht. Der Text, erstmals 1864 erschienen, steht exemplarisch für ihren humanistischen Realismus – für eine Literatur, die weniger von heroischen Schlachten erzählt als von der schmerzhaften Erfahrung des einfachen Soldaten.

Im Zentrum steht ein junger Elsässer, der 1813 für Napoleons Feldzug zwangsrekrutiert wird. Statt Ruhm findet er Hunger, Frost, Leid und das lähmende Gefühl, Teil einer sinnlosen Maschinerie zu sein. Erckmann-Chatrian schildern diesen Marsch nach Osten mit beinahe dokumentarischer Genauigkeit – und doch voller Mitgefühl. Ihre Sprache bleibt schlicht, aber durchdrungen von moralischer Klarheit: die Kritik an Krieg, Machtwahn und nationaler Verblendung zieht sich wie ein leiser, bitterer Faden durch den Text.

Was diese Erzählung bis heute berührt, ist ihr Ton: kein Pathos, kein übertriebener Patriotismus, sondern das ehrliche Zeugnis eines jungen Mannes, der das Grauen des Krieges am eigenen Leib erfährt. In dieser Nüchternheit liegt die Kraft des Buches. Es ist ein stilles Antikriegswerk aus einer Zeit, in der der Krieg noch als Pflicht galt – und damit eine erstaunlich moderne Mahnung.

Editor: Hans-Jürgen Horn