„Der Rote Wedding“ und der Berliner Blutmai 1929 – Roman einer Revolte
Als der sozialdemokratische Berliner Polizeipräsident Karl Zörgiebel im Frühjahr 1929 die Demonstrationen zum 1. Mai verbot, entzündete sich ein Funke im Herzen der Arbeiterbezirke, der in einem Inferno endete. Die Menschen im „Roten Wedding“ und in Neukölln trotzten dem Verbot – und wurden brutal niedergeschlagen. In einer Art militärischer Strafexpedition rückten Polizei-Einheiten mit Maschinengewehren, Panzerwagen und Handgranaten gegen die eigene Bevölkerung vor. Über Tage hinweg herrschten Ausnahmezustand und blutige Repression, auch gegen Unbeteiligte. Spontan errichtete Straßensperren waren der verzweifelte Versuch der Anwohner, sich gegen das brutale Vorgehen zu schützen.
Von einem bewaffneten kommunistischen Aufstand – mit dem zuvor in der Presse gezielt Panik geschürt wurde – fehlte jede Spur. Doch das Blutbad, das man angeblich verhindern wollte, war nun bittere Realität. Offiziell zählte man 10.981 Schüsse, 33 tote Zivilisten (kein einziger toter Polizist), Hunderte Verletzte und über tausend Verhaftungen – viele davon willkürlich, nach bloßem Augenschein getroffen. Der Graben zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus, schon zuvor tief, wurde durch diese Ereignisse endgültig zum Abgrund.
Klaus Neukrantz’ Roman „Der rote Wedding“ ist weit mehr als nur eine literarische Aufarbeitung: Es ist ein dramatischer Augenzeugenbericht, eine Reportage in erzählerischer Form – geschrieben aus der Sicht der Betroffenen. Der Roman lässt die Wut, die Hoffnung und das Leid der Bewohner des Arbeiterbezirks wieder aufleben. In seinem Ton roh, packend, voller Mitgefühl und Anklage zugleich, gehört das Buch zu den eindringlichsten Dokumenten proletarisch-revolutionärer Literatur der Weimarer Republik. Es beleuchtet ein fast vergessenes Kapitel deutscher Geschichte – und zeigt, wie nah Idealismus und Verzweiflung beieinander liegen können.
Besonderer Dank gilt A.B., der im April 2016 exklusiv für Zulu-Ebooks.com eine sorgfältig erstellte Leseausgabe auf Basis eines Faksimile-Reprints bereitgestellt hat.
Hinweis zur neuen Ausgabe (Juni 2024):
Diese überarbeitete Version enthält mehrere ergänzende Bilddokumente, darunter den Umschlag der Erstausgabe sowie eine vergrößerte Stadtplanskizze der damaligen Schauplätze. Der Text selbst blieb unverändert, wurde jedoch typographisch behutsam modernisiert.
Herzlichen Dank an A.B. für diese aktualisierte und mit großer Sorgfalt kuratierte Edition! |
Lesermeinungen
Ganz ähnlich hatte ich's auch schon in der editorischen Notiz zum eBook beschrieben ...