Die Frankfurter Buchmesse 2025 – Im Puls der Neuerfindung
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- Kategorie: Zulu Magazin
- Veröffentlicht: Dienstag, 14. Oktober 2025
Zwischen grellen Lichtern und flüsternden Schatten: Wo Neues gefeiert wird, sollte man auch dem Alten lauschen.Die Frankfurter Buchmesse 2025 hat geöffnet. Zwischen Bühnen, Panels und Selfie-Spots rauscht der Strom aus Neuheiten, Debatten und digitalen Visionen. Literatur als Spektakel – lebendig, laut, global. Doch hinter dem Glanz bleibt eine alte Frage: Was bleibt, wenn der Applaus verhallt?
Zulu-Ebooks blickt mit Neugier – und einem Hauch Widerstand – auf dieses Fest des Zeitgeists. Denn während jedes Jahr neue Namen gefeiert werden, hallen im Hintergrund Stimmen nach, die keine PR-Maschine mehr brauchen: die gemeinfreien Klassiker. Sie sind frei, weil ihre Schöpfer vergangen sind – und gerade darin unsterblich. Sie erinnern uns daran, dass das Neue immer auch ein Echo ist.
Dorothee Elmiger: „Die Holländerinnen“ – Eine Reise in die Schatten des Erzählens
Dorothee Elmiger, Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2025, wagt mit Die Holländerinnen ein Spiel mit der Wahrheit. Eine Erzählerin begleitet ein Theaterprojekt über das Verschwinden zweier Frauen – doch was als Dokumentation beginnt, wird zur Verschiebung von Erinnerung, Sprache und Wirklichkeit. Alles ist doppelt, paraphrasiert, reflektiert. Die Natur wird zum Spiegel des Unbewussten – ein dichter Urwald aus Worten.Hier begegnet ihr ein Klassiker, der dieselbe Dunkelheit betritt:
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Conrad zeigte den Menschen als Gefangenen seiner eigenen Zivilisation. Elmiger dreht den Blick um – sie zeigt, wie Sprache selbst Besitz ergreift. Während Conrads Erzähler die Finsternis sucht, weiß Elmigers Stimme längst, dass sie Teil von ihr ist.
„Elmiger legt ihre Stimmen ins indirekte Licht – sie kontrolliert nicht, sie entzieht. Conrad öffnete den Fluss in die Dunkelheit; Elmiger lässt die Dunkelheit wachsen.“
Philippinische Literatur als Ehrengast – Erinnerung zwischen Inseln
Ehrengast 2025: die Philippinen. Unter dem Motto The Story of Our Imagination zeigen 150 Werke, was Erinnerung bedeuten kann – von Lyrik bis Graphic Novel, von politischem Zeugnis bis Sprachlabor. Autorinnen wie Patricia Evangelista (Some People Need Killing) oder José Dalisay (Killing Time in a Warm Place) schreiben über Diktaturen, Kolonialgeschichte, Identität – und über das Weiterleben nach dem Verstummen.Und über allem schwebt der Name, mit dem philippinische Literatur begann:
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Rizal schrieb gegen Unterdrückung und Macht, in der Sprache des Eroberers – und machte sie damit zu seiner eigenen Waffe. Heute antworten die Autor*innen mit vielen Sprachen zugleich. Sie schreiben nicht gegen ihn, sondern durch ihn hindurch.
„Rizals Feder war eine Waffe gegen Macht. Die neuen Stimmen tragen fragmentarische Narben – sie schreiben nicht mehr gegen, sondern zwischen den Linien.“
V. E. Schwab: „Bury Our Bones in the Midnight Soil“ – Das Gedächtnis der Unsterblichkeit
Fantasy boomt – und mittendrin: V. E. Schwab. Ihr Roman Bury Our Bones in the Midnight Soil erzählt von drei Frauen, verbunden über Jahrhunderte durch denselben Boden, dieselbe Erinnerung, denselben Hunger. Unsterblichkeit ist hier kein Geschenk, sondern eine Bürde. Die Zeit wird zum Körper, die Erinnerung zur DNA.Ein Echo klingt mit:
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Shelley schuf mit neunzehn ein Werk über Hybris und Einsamkeit. Ihr Monster war nie bloß ein Geschöpf, sondern eine Metapher: das Verdrängte, das uns selbst erkennt. Schwab greift diesen Blick auf – sie pflanzt Erinnerung in den Körper, Shelley entzündet Leben im Sturm.
„Beide erzählen von der Schöpfung und der Verantwortung, die daraus wächst. Das Monster ist nicht das Andere, sondern das Echo des Eigenen.“
Erinnerung als Widerstand
Die Buchmesse feiert Vielfalt und Innovation – zu Recht. Doch inmitten all des Glanzes sollte man sich erinnern: Jede neue Geschichte wurzelt in einer alten.Zulu-Ebooks versteht sich als Hüter dieses literarischen Gedächtnisses. Während auf der Messe Bücher signiert werden, klingen auf Zulu die Stimmen der Vergangenheit weiter – frei, zugänglich, grenzenlos. Gemeinfreie Literatur ist kein Staub, sondern Atem. Ein Teil dessen, was bleibt.
Elmiger begegnet Conrad. Die philippinischen Stimmen antworten Rizal. Schwab wandelt neben Shelley.
So entsteht ein Dialog über Jahrhunderte hinweg – zwischen Messehallen und digitaler Bibliothek, zwischen Jetzt und Damals. Was die Buchmesse in Licht taucht, bewahrt Zulu-Ebooks im Strom der Zeit.
Literatur ist kein Markt. Sie ist Bewegung – und Zulu-Ebooks ein Ort, an dem sie weiterfließt.
Joseph Conrad
Deutsch
16.11.2015
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