William Makepeace Thackeray („Vanity Fair – A Novel without a Hero“, 1847/48) ist keine einfache Gesellschaftssatire, sondern ein meisterhaftes Panorama menschlicher Schwächen in einer Welt, in der Schein und Ehrgeiz lauter sprechen als Tugend und Empathie.
Im Zentrum stehen zwei junge Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Amelia Sedley, liebenswert naiv, gutmütig und vertrauend; und Becky Sharp, klug, ehrgeizig, skrupellos – eine Überlebenskünstlerin, die alle Konventionen herausfordert. Die Handlung spielt im England der Jahrzehnte um Waterloo – politisch, ökonomisch und sozial im Umbruch. Thackeray führt seine Leser durch Salons, Vernissagen, Lehen und Kriege, zeigt eine Gesellschaft, in der Herkunft, Geld und Stand viel zählen, und in der Moral oft eine Frage des Augenblicks ist.
Stilistisch besticht der Roman durch ironischen Ton, eine spöttische Erzählerstimme und psychologisch durch ausgearbeitete Figuren, die keine Helden sind – und gerade damit eine tiefe Wahrheit über menschliche Ambitionen vermitteln. Thackerays Blick ist skeptisch, oft liebevoll-verächtlich, manchmal melancholisch, doch immer wach für das Spiel von Täuschung, Hoffen und Enttäuschung.
Kritisch betrachtet lässt sich sagen: Jahrmarkt der Eitelkeit überlädt mit zahllosen Nebenschauplätzen und Figuren – nicht selten driftet die Handlung etwas in Ausschweifung ab. Doch gerade diese Fülle macht das Werk auch so reich: kein Detail in der Gesellschaft scheint dem Autor unbemerkt, kein Charakter ohne Schatten. Wer bereit ist, sich einzulassen auf über 1087 Seiten brillanter Beobachtung, findet hier ein Buch, das nachhallt – über gesellschaftliche Masken, über Selbstbetrug, und über den Preis, den man zahlt, wenn man auf dem Eitelkeits-Jahrmarkt mittanzen will.