Frances Hodgson Burnetts „Der kleine Lord“ (Originaltitel Little Lord Fauntleroy, 1886) ist ein wahrer Klassiker – ein feinsinniger Briefroman gleichsam wie ein moralischer Entwurf, in dessen Mitte ein Kind steht, das mit liebender Klarheit die Welt zu verändern weiß.
Der junge Cedric Errol wächst mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen in New York auf, bis eines Tages ein Brief ihn in die alte Heimat ruft: Er soll Erbe eines englischen Grafentitels und eines großen Anwesens sein. Doch sein kaltherziger Großvater, der Earl of Dorincourt, lehnt ihn zunächst mit Verachtung ab – nicht nur, weil Cedrics Mutter Amerikanerin ist, sondern auch, weil er jenen Lebensstil verachtet, den er selbst als leidenschaftlichen Pragmatiker ablehnt.
Cedrics kindliche Offenheit, seine Empathie und reine Gesinnung wirken wie ein heilsames Licht im abgeschotteten Schloss. Statt sich selbst zu verbiegen, bringt er den alten Lord dazu, seine eigenen Vorurteile zu hinterfragen, zum Wohl der Armen zu handeln und die Verbindung zwischen Adel und menschlicher Wärme neu zu denken.
Doch auch Intrigen bleiben nicht aus: Eine Frau behauptet, ein anderer Junge sei der wahre Erbe, und droht, Cedrics Anspruch zu entziehen. Hier manifestiert sich der Höhepunkt des Erzählens – ein Konflikt, in dem Vertrauen, moralische Standhaftigkeit und innere Wahrheit auf die Probe gestellt werden. Stil und Wirkung
Burnetts Sprache ist klar, warmherzig und von einem sentimentalen Ton durchzogen, der das Sujet nicht banalisieren, sondern emotional tragen will. Gerade in der Gegenüberstellung von amerikanischer Herzlichkeit und britischer Strenge schält sich eine kritische Haltung gegenüber starren Klassen- und Standesgrenzen heraus. Die Figur des Cedric fungiert nicht nur als Spiegelkind, sondern als moralischer Agent – er ist sowohl unschuldig als auch mutig genug, über Grenzen hinweg zu wirken.
Für Zulu-Ebooks-Leserinnen und Leser eignet sich diese Ausgabe besonders als literarischer Schatz: eine Mischung aus Kinderklassiker und kulturhistorischem Dokument. Der Roman erinnert uns daran, dass große Wandlungen oft in kleinen Herzen beginnen – und dass Menschlichkeit stärker ist als Titel. |