In Das Duell im Walde entfaltet Wilkie Collins ein dichtes, atmosphärisches Kammerspiel im Freien – paradox, aber typisch für den Meister der viktorianischen Sensationsliteratur. Die Handlung kreist um zwei Männer, deren Ehre und Eifersucht sie in ein tödliches Duell treiben. Schauplatz ist ein abgelegener Wald, ein Ort, an dem Moral und Gesellschaft schweigen und allein das Schicksal spricht.
Collins, der mit Romanen wie Die Frau in Weiß und Der Mondstein die literarische Moderne vorbereitete, beweist hier erneut sein Gespür für Spannung, psychologische Genauigkeit und die dunklen Abgründe menschlicher Gefühle. Der Wald wird zur Bühne innerer Konflikte – er verschluckt nicht nur das Echo der Schüsse, sondern auch die letzten Reste von Gewissheit.
Der Autor inszeniert das Aufeinandertreffen seiner Figuren mit der Präzision eines Dramatikers. In kurzen, prägnanten Szenen zeichnet er Stolz, Schuld und Angst als Triebfedern des Handelns. Der Leser wird Zeuge eines Rituals der Männlichkeit, das in seiner Selbstzerstörung fast tragisch wirkt. Die Natur steht still, während die menschliche Ehre lodert – und verlischt.
So ist Das Duell im Walde weniger ein Abenteuer als ein moralisches Lehrstück: Ein Spiegel menschlicher Verblendung und der Einsamkeit, die nach der Tat bleibt. Collins’ Sprache bleibt elegant, seine Beobachtung scharf, seine Pointe bitter. Ein Werk von komprimierter Wucht – düster, präzise, eindringlich.
Übersetzer: Peter Butzer, 1890
Editor: Hans-Jürgen Horn, wilkiecollins.de |