Mein Begräbnis und andere seltsame Geschichten (1919) ist ein Kabinett des Phantastischen – eine Sammlung von siebzehn Erzählungen, die zwischen makaberer Groteske, dekadentem Humor und metaphysischem Grauen changieren.
Die eröffnende „Randbemerkung“ wirkt wie ein sarkastischer Prolog: Ewers erklärt sich selbst zum Chronisten des Absonderlichen. Gleich darauf folgt die Titelerzählung „Mein Begräbnis“, in der ein Ich-Erzähler sein eigenes Begräbnis miterlebt – eine surreale Meditation über Eitelkeit und Todesbewusstsein.
Mit „Die Tomatensauce“ und „Der Spielkasten“ setzt Ewers seine makabren Miniaturen fort: Alltägliches wird ins Groteske verschoben, bis der Leser selbst an der Grenze zwischen Realität und Wahn steht. „Sibylla Madruzzo“ entfaltet eine venezianische Vision zwischen Leidenschaft und Wahnsinn, während „Der tote Jude“ religiöse Motive in blasphemischer Schärfe verfremdet – ein Spiegel der dekadenten Provokationslust seiner Epoche.
In „Vaudoux“ und „Die Mamaloi“ wendet sich Ewers dem Okkulten zu: Voodoo-Riten, Besessenheit, erotische Transgression – das Fremde wird zum Träger verbotener Sehnsucht. Ebenso spielt „Alraune und der Chauffeur“ auf sein späteres Hauptwerk Alraune an: künstliches Leben, Begierde und moralischer Verfall verbinden sich in schwarzer Ironie.
Mit „Schlangenanbeter und Schlangenbeschwörer“ und „Der gekreuzigte Tannhäuser“ verschmilzt Ewers Mystik und Sinnlichkeit – heilige Ekstase und dämonische Lust, ununterscheidbar.
Die wohl berühmteste Erzählung des Bandes, „Die Spinne“, ist ein Meisterstück der unheimlichen Literatur: Ein junger Student beobachtet eine Frau im Fenster gegenüber – bis er selbst in ihr Netz gerät. Suggestiv, symbolisch und hypnotisch – eine Allegorie des Begehrens und der Selbstvernichtung.
Die späteren Texte variieren das Motiv der Verwandlung: „Warum Arno Falk sich verlobte“ und „Die Knopfsammlung“ verbinden psychologischen Realismus mit schwarzem Humor; „Liebe?“ zeigt die Unzuverlässigkeit des Gefühls, und „Aus dem Tagebuche eines Orangenbaumes“ schließt den Zyklus mit märchenhafter Ironie: die Natur selbst beginnt zu erzählen.
In Summe ist dieser Band ein Panoptikum des modernen Unheimlichen. Ewers verbindet Erotik, Tod und Spott zu einem Stil, der irgendwo zwischen Baudelaire, Poe und Kafka oszilliert. Mein Begräbnis ist keine bloße Sammlung – es ist ein Seelen-Labor, in dem der Mensch zerlegt wird, bis nur noch Staunen und Schauder bleiben. |