Im Roman Joshua Haggard’s Daughter entfaltet Mary Elizabeth Braddon eine intensive psychologische Spannung, die weit über typische sensationsromanhafte Effekte hinausgeht. Veröffentlicht 1876, hebt sich dieses Werk durch seine Fokussierung auf innere Dynamiken und moralische Widersprüche hervor – ein „Post-Sensation-Masterpiece“, wie Braddons Biografin Anne-Marie Beller es beschreibt.
Braddon stellt nicht nur gesellschaftliche Normen infrage, sondern zeigt, wie Literatur selbst zur treibenden Kraft sprichwörtlich fataler Gedanken werden kann: Im Zentrum steht ein Roman, der in die falschen Hände gelangt und deren Reflexionen tragisch eskalieren lässt – eine sorgfältig geknüpfte Parodie auf viktorianische Ängste vor der „Gefährlichkeit“ des Romans selbst.
Atmosphärisch dicht zeichnet Braddon das präzise Geflecht zwischen asketischer Strenge, persönlicher Leidenschaft und unterschwelliger Verzweiflung. Die Figuren greifen ins Dunkel ihrer Emotionen und Entscheidungen – wir begegnen einer Autorin, die das Viktorianische nicht genialisiert, sondern seziert. Die Handlung bleibt, ohne zu viel zu verraten, emotional aufgeladen und tiefgründig, mit einem Fokus auf Schuld, inneren Konflikt und der Frage nach gesellschaftlicher Blindheit gegenüber dem Bruch moralischer Selbstbilder.
Diese Ausgabe wurde von Hans-Jürgen Horn sorgfältig editiert und Zulu-Ebooks dankenswerterweise zur Verfügung gestellt. |