Ein viktorianisches Abenteuer voller Intrigen, Doppelgänger und Geheimnisse
Mary Elizabeth Braddon, Meisterin der viktorianischen Sensationsliteratur, entführt die Leserschaft in eine Welt voller Verrat, Leidenschaft und Identitätsspiele. In ihrem 1862 erschienenen Roman Der Kapitän des Vultur stehen drei Schicksale im Mittelpunkt: der geheimnisvolle Captain Duke, seine Frau Millicent, und der rätselhafte Darrell Markham. Zwischen ihnen entspinnt sich ein Netz aus Loyalität, Verdacht und Täuschung, in dem die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge zunehmend verschwimmt.
Braddon nutzt das Motiv des Doppelgängers, um ihre Figuren auf beklemmende Weise zu spiegeln: Gesichter und Handlungen scheinen einander zu verdoppeln, Identitäten ineinanderzugreifen. Dieser ständige Wechsel von Rollen und Masken schürt eine Atmosphäre der Unsicherheit, die von düsteren Kulissen wie dem Haus in Chelsea, geheimnisvollen Begegnungen und unheilvollen Fremden verstärkt wird.
Die Autorin verbindet psychologische Tiefe mit dramatischer Spannung, wie man sie auch aus ihrem bekanntesten Werk Lady Audleys Geheimnis kennt. Doch hier tritt der Abenteueraspekt deutlicher hervor: Der Kapitän des Vultur ist nicht nur ein Kriminal- und Intrigenroman, sondern auch ein Stück historischer Unterhaltungsliteratur, das das viktorianische Lesepublikum mit schnellen Wendungen, überraschenden Enthüllungen und moralischer Ambiguität fesselte.
Heute lässt sich der Roman als ein faszinierendes Beispiel für die Genresynthese des 19. Jahrhunderts lesen – eine Verbindung aus Abenteuer, Krimi und psychologischem Gesellschaftsroman, die Braddons Ruf als eine der produktivsten und einflussreichsten Erzählerinnen ihrer Zeit untermauerte.
Diese Ausgabe wurde von Hans-Jürgen Horn sorgfältig editiert und Zulu-Ebooks dankenswerterweise zur Verfügung gestellt. |