Annemarie Schwarzenbach (* 23. Mai 1908 in Zürich; † 15. November 1942 in Sils im Engadin; heimatberechtigt in Thalwil) war eine Schweizer Schriftstellerin, Journalistin und Fotografin.
Leben
Annemarie Schwarzenbach stammte aus der reichen Zürcher Industriellenfamilie der Schwarzenbachs. Ihr Vater Alfred Emil Schwarzenbach war ein wohlhabender Industrieller und einer der grössten Seidenfabrikanten der Welt. Er besass Seidenwebereien in Thalwil bei Zürich und im Ausland. Ihre Mutter Renée Schwarzenbach-Wille war die Tochter des Generals Ulrich Wille, der im Ersten Weltkrieg Oberbefehlshaber der Schweizer Armee war, und die Enkelin des Journalisten François Wille und der Schriftstellerin Eliza Wille. Der spätere rechtspopulistische Schweizer Publizist und Politiker James Schwarzenbach war ihr Cousin.
Sie wuchs in der Seegemeinde Horgen auf dem stattlichen Landgut Bocken auf und studierte Geschichte in Paris und Zürich. 1931 promovierte sie mit einer Arbeit zur Geschichte des Oberengadins im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit. Erste journalistische Veröffentlichungen sowie literarische Texte entstanden noch während ihrer Studienzeit. Kurz nach Abschluss ihres Studiums debütierte sie mit dem Roman Freunde um Bernhard. Im Jahr 1931 hielt sie sich öfter in Berlin auf und stand in engem Kontakt mit Klaus und Erika Mann in München. In diese Zeit fallen auch ihre ersten Erfahrungen mit Morphin.
Schwarzenbachs Verhältnis zu ihrer Mutter war sehr gespannt, unter anderem aufgrund ihrer antifaschistischen Einstellung. Einige Mitglieder der Familie Schwarzenbach/Wille sympathisierten nach 1933 mit der „Schweizer Front“, die eine Annäherung der Schweiz an Nazideutschland befürwortete, während sich in Annemarie Schwarzenbachs Freundeskreis zahlreiche jüdische und politische Emigranten aus Deutschland befanden. So führte sie nach 1933 selbst teilweise das Leben einer Migrantin und reiste in verschiedene Länder, öfter zusammen mit Klaus Mann, dessen literarische Exilzeitschrift Die Sammlung sie finanziell unterstützte. 1933 begab sich Annemarie Schwarzenbach gemeinsam mit der Fotografin Marianne Breslauer auf eine erste journalistische Reise nach Spanien. Im gleichen Jahr führte sie der Weg nach Persien. Nach der Rückkehr in die Schweiz reiste sie 1934 nach Moskau, wo sie zusammen mit Klaus Mann am ersten Allunionskongress sowjetischer Schriftsteller teilnahm.
1935 kehrte sie nach Persien zurück und heiratete dort – trotz ihrer lesbischen Orientierung – den ebenfalls homosexuellen französischen Diplomaten Claude-Achille Clarac. 1937 recherchierte sie in Moskau für ihr Buch über den Schweizer Expeditionsbergsteiger Lorenz Saladin, der im Jahr zuvor nach einer Besteigung des Khan Tengri in Kirgistan gestorben war. 1939 hielt sie sich längere Zeit für einen Drogenentzug in Kliniken auf. Während dieser Zeit schrieb sie ihr Buch Das glückliche Tal.
Gemeinsam mit der Schweizer Schriftstellerin Ella Maillart reiste sie im Juni 1939 in einem Ford V8 91A Deluxe über Istanbul, Trabzon und Teheran überland nach Afghanistan. Im September, zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, hielt sie sich in Kabul auf. Schwarzenbach war über mehrere Wochen krank, woraufhin sie Maillart verliess. Danach zog es sie in die USA, wo sie in New York erneut mit den Geschwistern Mann zusammentraf. Dort lernte sie auch die Schriftstellerin Carson McCullers kennen, die sich Hals über Kopf in Schwarzenbach verliebte.
Sie erwiderte deren Gefühle nicht, blieb jedoch während ihrer Zeit in den USA mit den McCullers befreundet und schrieb mehrere wohlwollende Rezensionen zu McCullers Debütroman The Heart Is a Lonely Hunter. Auch in den USA musste Schwarzenbach sich wegen ihrer Morphiumsucht, schwerer Depressionen und Suizidversuchen mehrfach in psychiatrische Behandlung begeben. Nach einem Besuch ihres Ehemannes in Tétouan im Juni 1942 kehrte Schwarzenbach wieder in die Schweiz zurück. Am 7. September 1942 stürzte sie im Engadin mit ihrem Fahrrad und zog sich eine schwere Kopfverletzung zu, an der sie nach einer Fehldiagnose und anschliessenden Fehlbehandlungen am 15. November starb.
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